Am 23.11.2018 war der Saal im Gasthof „Zur Grünen Muldenaue“ in Glaucha voll. Das große Interesse der Mitglieder galt der Vorstellung des Projekts „Lebendige Mulde zwischen Eilenburg und Bad Düben“, welches dazu beitragen kann, den Hochwasserschutz für Glaucha nach den heute gültigen Regeln der Technik – HQ100 – in mittlerer Frist zu realisieren.
Als Gäste wurden begrüßt:
- Herr Landtagsabgeordneter Volker Tiefensee in seiner Eigenschaft als Mitglied in den für dieses Projekt zuständigen Ausschüssen des sächsischen Landtages und als Vorsitzenden des Landschaftspflegeverbandes Nordwestsachsen
- Herr Ministerialrat Heinz Bernd Bettig und die Referentin Frau Ines Senft vom Sächsischen Staatsministerium für Umweltschutz und Landwirtschaft
- Herr Professor Andreas Berkner vom Regionalen Planungsverband Westsachsen
- Herr Dr. Eckhard Rexroth (1. Beigeordneter) und Herr Volker Dittmann vom Landratsamt Nordsachsen Dezernat für Bau und Umwelt
- Bürgermeister der anliegenden Gemeinden Frau Roswitha Berkes (Zschepplin), Herr Lothar Schneider (Laußig), Herr Roland Märtz (Doberschütz)
- Die hier an unserem Ort tätigen Landwirte Dieter Schreiber, Heiko Schreiber, Udo Dietze und Tilo Bischoff (Vorsitzender des Regionalbauernverband Delitzsch)
Worum geht es?
Es geht um ein
Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E) „Lebendige Mulde – Wiederherstellung natürlicher Überschwemmungsbereiche an der Vereinigten Mulde zwischen Eilenburg und Bad Düben (Sachsen)“.
Projektträger ist die Heinz Sielmann Stiftung.
Heinz Sielmann ist sicher vielen ein Begriff aus den Fernsehfolgen „Expedition ins Tierreich“. Die Stiftung arbeitet heute mit 45 Mitarbeitern an mehreren Projekten in Deutschland.
Die Heinz Sielmann Stiftung soll Voruntersuchungen, also eine Machbarkeitsstudie, in Kooperation mit dem Landschaftspflegeverband Nordsachsen e. V. sowie in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Dübener Heide – Verein Dübener Heide e. V. – umsetzen.
Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) und seine nachgeordneten Behörden und das Landratsamt Nordsachsen (LRA) werden einbezogen. Für die Voruntersuchung ist darüber hinaus eine Projektbegleitende Arbeitsgruppe (PAG) vorgesehen, in welcher die wesentlichen Akteursgruppen vertreten sein werden. Als Akteur werden auch wir als Bürgerinitiative an der Arbeitsgruppe teilnehmen.
Der Projektantrag wurde in einer Regionalveranstaltung am 21.06.2018 in Eilenburg vorgestellt. An dieser Veranstaltung haben Mario Gräfe (1. Stellvertreter) und Thomas Hartmann (Vorsitzender) auf Einladung teilgenommen. Im nächsten Schritt sollte das Projekt offiziell beim Bundesamt für Naturschutz zur Förderung eingereicht werden. Und ab Januar 2019 sollte die Machbarkeitsstudie in Durchführung gehen.
Hier ist man leider inzwischen schon mindestens 1 Jahr im Zeitverzug (weil Anwesende und Nichtanwesende am 21.06. von vornherein große Skepsis gegenüber dem Umweltministerium äußern).
Naturnahe Auen mit ihrer Bedeutung für viele geschützte Tier- und Pflanzenarten, sie sind in Deutschland selten geworden. Die Bundesregierung will bis 2020 Fließgewässer und Auen in ihrer Funktion als Lebensraum sichern.
Aufgrund der Hochwasserereignisse seit der Jahrtausendwende wurde in den verantwortlichen Behörden deutlich, dass ein nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement erforderlich ist, um den Flüssen mehr Raum zu geben. Da die Hochwasserereignisse besonders auch in Sachsen verheerende Auswirkungen zeigten, tritt auch die sächsische Regierung für die Wiederherstellung naturnaher Auenbereiche und Überschwemmungsflächen auch als Bestandteil für einen vorbeugenden Hochwasserschutz ein, der die Balance zwischen baulich-technischen Lösungen und natürlichem Wasserrückhalt wahrt.
Der Muldeabschnitt zwischen Eilenburg und Bad Düben stellt für Belange des Hochwasserschutzes und gleichzeitig für den Umweltschutz einen interessanten Bereich dar.
Mit Beteiligung der regionalen Interessensvertretern, u. a. aus Kommunen, Landwirtschaft, Tourismus und Wasserwirtschaft, soll ein Konzept entwickelt werden, welches die Anforderungen des Hochwasserrisikomanagements, der Landnutzung, der touristischen und naturschutzfachlichen Zielstellungen berücksichtigen und so den Weg für konkrete Maßnahmen ebnet.
Ziel ist es dabei zu untersuchen, wie mögliche Synergieeffekte zwischen natürlichem und technischem Hochwasserschutz entstehen können.
Die Fortführung der Nutzung in der Aue soll erhalten bleiben. Für diese soll durch Erhebungen der Interessen der Landnutzer geprüft werden, wie eventuelle wirtschaftliche Neuausrichtungen von Betrieben erreicht werden können. Dazu sollen Möglichkeiten zur Verbesserung der (Förder-)Angebote an Landbewirtschafter zur Unterstützung bei der Umstellung auf angepasste Bewirtschaftungsformen geprüft werden. Wichtig dabei sind auch Maßnahmen zum Ausgleich von Differenzen.
Mit Blick auf die Menschen vor Ort und ihre Gäste, sollen angepasste Formen der Landnutzung unter Beachtung eines fairen Ertrags- bzw. Wertausgleichs erreicht und die qualitativ hochwertige Entwicklung des Erholungsraums erreicht werden. Erweiterungen des nachhaltigen touristischen Angebots – z. B. Radtourismus – sollen als weitere Schwerpunkte des Projektes geprüft und eine verstärkte nachhaltige, naturverträgliche Regionalentwicklung initiiert werden.
Die Einführung naturverträglicher Nutzungsformen in den zu renaturierenden Gebietsteilen, wenn möglich und erforderlich verbunden mit wirtschaftlichen Anreizen, ist damit ein wichtiges Ziel des Vorhabens.
Vorgehen
Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem zurzeit in Sachsen-Anhalt u.a. durch den WWF (weltweit agierende Umweltschutzstiftung) durchgeführten Projekt „Wilde Mulde – Revitalisierung einer Wildflusslandschaft in Mitteldeutschland“ sollen für die Durchführung des „Lebendige Mulde“ – Projekts eingebracht werden.
In der Folge der zurückliegenden Ereignisse wurden für das vorgesehene Untersuchungsgebiet vier konkrete Einzelmaßnahmen eines Hochwasserschutzkonzeptes entwickelt und als mögliche Schwerpunktmaßnahmen mit vielfältigen Synergieeffekten in den Fokus genommen.
Die Einzelmaßnahmen sind 1. Hainichen-Zschepplin, 2. Mörtitz-Gruna-Laußig, 3. Hohenprießnitz-Glaucha und 4. Laußig-Pristäblich.
Dabei handelt es sich um Maßnahmen zur Revitalisierung von natürlichen Überschwemmungsbereichen, die durch Deichrückverlegungen im Hochwasserfall Retentionsräume bieten.
- Deichrückverlegung: Deichrückverlegung bedeutet nicht Deichrückbau!!!
Das Projekt Lebendige Mulde ist unterteilt in eine Voruntersuchung und ein Hauptvorhaben. Die Voruntersuchung soll zwei Jahre dauern. Ursprünglich vom 01.07.2018 – 30.06.2020. Auch der dann ins Auge genommene Zeitraum ab Januar 2019 ist nicht mehr realistisch.
Für die Umsetzung der Projektziele im Hauptvorhaben wird im Anschluss mit einer Laufzeit von drei Jahren gerechnet. So würde eine Umsetzung mindestens 5 Jahre dauern.
Die Voruntersuchung soll das Hauptvorhaben im Sinne einer Machbarkeitsstudie vorbereiten und die Erfolgsaussichten für die Umsetzung im Hauptvorhaben analysieren. Im Hauptvorhaben können dann die im Rahmen der Voruntersuchung als zielführend identifizierte Teilprojekte umgesetzt werden. Dieser Prozess soll wissenschaftlich begleitet werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt soll angestrebt werden, erst einmal eine Machbarkeitsstudie durchzuführen. Diese beginnt bei „0“ und ist völlig ergebnisoffen.
Auch kann das Ergebnis sein, dass besonders kosten- und zeitintensive Maßnahmen wie Deichrückverlegungen, die in der Regel mit Planfeststellungsverfahren verbunden sind, nur in Teilen über das Hauptvorhaben abgewickelt werden können. Auf welche Teile das zutrifft, soll in der Voruntersuchung geklärt werden.
Dort werden wir aber darauf drängen, dass diese Maßnahmen in unserem Bereich umgesetzt werden.
Für uns als Glaucha ist das Projekt eine Möglichkeit – wenn nicht sogar DIE Möglichkeit, den vom Freistaat für geschlossene Siedlungsgebiete angestrebte Hochwasserschutz HQ100 zu realisieren.
Also zusammengefasst:
- Umweltschutzprojekt „Lebendige Mulde zwischen Eilenburg und Bad Düben“
- Wiederherstellung natürlicher Überschwemmungsbereiche
- Rückverlegung von Hochwasserschutzdeichen [Breiterer Auslauf – Niedrigerer Pegel]
- Völlig ergebnisoffene Machbarkeitsstudie
- Einbeziehung von Interessen (Landwirtschaft, Umweltschutz, Tourismus, Kommunales, Grundeigentümer, Hochwasserschutz)
Der Appell der Bürgerinitiative „HQ100-Schutz für Glaucha“ an alle Beteiligte:
Alle Beteiligte sollen anstreben diese Machbarkeitsstudie durchzuführen, sie unterstützen und alle Möglichkeiten für ihre Interessen ausschöpfen.